Luftdicht Teil 2 German language

respect - Luftdicht. Teil 2 (German language) Author: respect
Title: Luftdicht. Teil 2 (German language)
Date: 20 December 2019

Nachdem die Formalitäten zum offiziellen Dienstantritt erledigt und einige weitere Formulare unterzeichnet waren, stand Mauro in der Materialausgabestelle, um endlich seine neue Uniform entgegenzunehmen. Dieser Punkt war bei der Rekrutierung gar nicht besprochen worden, und Mauro war extrem gespannt auf die Uniform, in der er die nächsten 20 Jahre verbringen würde.

"So, hier sind deine Uniformhose und das Hemd," sagte der Sergeant hinter dem Ausgabethresen und reichte einen olivgrünen Stapel herüber.

Es traf Mauro wie ein Schock. Was man ihm da in die Hände drückte, war ein erstaunlich schwerer Stapel aus dickem - GUMMI!

Mauro erstarrte. Er betastete ungläubig das dicke Material. Nein, kein Zweifel, das war wirklich Gummi! Erst in diesem Moment wurde dem jungen Soldaten mit Schrecken klar, was mit dem rätselhaften Wort in seinem Einberufungsbefehl gemeint gewesen war. Was laut seinem Dienstbefehl einer zwanzigjährigen "Vollgummierung" unterworfen werden sollte, das war ER SELBST!

Mauro stöhnte entsetzt auf. Schon das erschreckende Gewicht seiner Uniform und ein erster Blick auf das sehr solide Material machten klar, dass die Uniform, die er ab heute tragen sollte, alles andere als bequem sein würde. Was er da anziehen sollte, waren etliche Kilo extrem festes Gummi!

"Und hier deine Stiefel. Fang schon mal an, dich umzuziehen. Riemenzeug, Mütze und Handschuhe kriegst du gleich auch noch."

Mauro starrte auf polierte schwarze Springerstiefel, die offenbar auch aus solidem Gummi angefertigt worden waren.

Plötzlich fiel es Mauro wieder ein. Vor ein paar Jahren hatten er und seine Kumpel einmal einen Trupp Soldaten gesehen, die an einem besonders heißen Tag im Gleichschritt auf der sonnenbeschienenen Strandpromenade ihrer Stadt anmarschiert kamen. Schon von weitem hatten die Freunde entdeckt, dass die olivgrünen Uniformen und die schwarzen Stiefel dieser Soldaten in der gleißenden Sonne auffällig stark glänzten. Wie hochglanzpoliert. Und als sie schon aus einiger Entfernung hören konnten, dass diese Uniformen beim Marschieren deutlich knarrten und quietschten, hatten sie erkannt: Alle Soldaten waren von oben bis unten in festes Gummi eingepackt! Ihre Uniformhemden, die engsitzenden Uniformhosen und wohl sogar die Springerstiefel ... alles war aus sichtlich solidem Gummi! Auch die Gürtel, die Schulterriemen, die Krawatten und sogar die steifen Schirmmützen der Männer waren aus Gummi gemacht. Man hatte diese Männer von den Stiefeln bis zu den Mützen vollkommen luftdicht eingepackt! Selbst die Hände der Soldaten steckten in engen schwarzglänzenden Gummihandschuhen!

Offenbar waren alle Gummisoldaten von oben bis unten sehr sorgfältig poliert worden. Hemden, Hosen, Stiefel, alles tadellos auf Hochglanz gewichst. Das grelle Sonnenlicht hatte sich schon von weitem in all dem polierten Gummi gespiegelt.

Mauros Kumpel hatten sich natürlich über die Gummisoldaten lustig gemacht. Sie hatten sich gegenseitig kichernd angestoßen und ganz ungeniert über die armen eingummierten Soldaten gelacht.

Es war ein Trupp von etwa 60 Mann gewesen, die in Viererreihen im Gleichschritt marschierten. Ein befremdlicher, aber eindrucksvoller Anblick. So viele Männer in komplettem Gummi. Solche Uniformen hatte Mauro noch nie gesehen. Das Gummi war offenbar ziemlich dick, und Mauro hatte sich gefragt, warum man diese Männer bloß in solche knallengen, luftdichten Uniformen gesteckt hatte. Was für eine sadistische Idee, Soldaten in einem tropischen Land in Uniformen aus dickem Gummi einzusperren! Die langärmeligen Uniformhemden hatten sogar die Arme der Männer luftdicht eingeschlossen. Die engsitzenden Hemden, die dicken Gummihosen, die Handschuhe, das alles musste an so einem feuchtheißen Tag unglaublich lästig sein. Mauro hatte sich gefragt, wie die Soldaten das bloß aushielten, den ganzen Tag in diesen schrecklichen Gummiuniformen in der prallen Sonne zu marschieren? Wie konnte man es länger als zehn Minuten unter diesem ganzen dicken Gummmizeug aushalten, ohne verrückt zu werden?

Mauros Freunde hatten weniger nachdenklich auf die stramm eingummierten Soldaten reagiert. In der ganzen Zeit, während die Männer schwitzend in ihren engsitzenden, luftdichten Uniformen vorbeimarschierten, hatten Mauros Freunde die Gummimänner fröhlich und mit unverhohlener Schadenfreude ausgelacht. Sie hatten mit ausgestreckten Fingern auf sie gezeigt und ihnen spöttische Bemerkungen und Beleidigungen zugerufen, während die Männer mit leicht geröteten, aber unbewegten Gesichtern weitermarschiert waren.

Mauro hatte Mitleid, aber auch Bewunderung für die eingummierten Soldaten empfunden. Diese Männer mussten unter ihren dicken luftdichten Monturen an einem so heißen Tag doch umkommen vor Hitze! Und natürlich hatten die Soldaten mitbekommen, dass sie wegen ihrer engsitzenden, quietschenden Gummiuniformen ausgelacht wurden. Aber die Männer hatten sich nicht anmerken lassen, wie unwohl sie sich dabei fühlen mussten, so gnadenlos stramm in festes glänzendes Gummi eingesperrt, deutlich knarrend und quietschend dem Gelächter der Passanten ausgeliefert zu sein. Mauro war beeindruckt gewesen, wie gut man diese Soldaten diszipliniert hatte. Es musste eine regelrechte Folter sein, bei tropischer Hitze in so einer knallengen Gummiuniform zu exerzieren! Aber diese Soldaten hatten sicher schon ein paar Monate Drill in vollem Gummi hinter sich, dachte er. Man hatte sie offenbar erfolgreich darauf dressiert, die mörderische Hitze unter dem dicken Gummi genauso geduldig zu ertragen wie den Spott und die Schadenfreude der Zivilisten. Mit steifen, von den schrecklich engen Uniformen sichtlich gehemmten Bewegungen, waren sie mit ernsten, konzentrierten Gesichtern weitermarschiert, die Augen strikt geradeaus gerichtet.